Flensburg. Wenn sich die SG Flensburg-Handewitt und der SC Magdeburg gegenüberstehen, ist meistens viel Druck auf dem berühmten Kessel. Fast immer geht es sportlich um viel, so auch am Mittwoch (19 Uhr/live Sky), wenn die Gastgeber im Titelrennen am THW Kiel dran bleiben wollen und der SC Magdeburg Platz drei in der Bundesliga festigen möchte. Für den kurzfristig reaktivierten Henning Fritz geht es ebenso gegen die sportliche Vergangenheit, wie für SG-Coach Maik Machulla, für den Spiele gegen den SCM laut eigener Aussage »immer etwas Besonderes« sind. Außerdem gab es im Hinspiel (4. April, 32:29 für die SG) offenen Streit.
Rückblick: Beim Gastspiel der SG in Magdeburg am Ostersonntag stampfte der ansonsten stets beherrschte Maik Machulla zum Ende der Halbzeitpause wutentbrannt über das Spielfeld der Getec-Arena. Sein erhobener Zeigefinger ging Richtung Tribüne, genauer zeigte er auf die Kommentatoren-Box des TV-Senders Sky. Hier saßen Karsten Petrzika und Experte Pascal Hens. Das Duo wurde etwas blaß um die Nase, als Machulla sie von unten unüberhörbar mit den Worten anbrüllte: »Nie wieder, nie wieder«. So war der SG-Coach noch nie zu sehen. Machulla gestikulierte wild mit den Armen und machte als nächstes die Sky-Crew am Spielfeldrand aus. Auch in deren Richtung winkte der Coach ab, wiederholte sein »nie wieder«, schnappte sich einen Mikrofonständer, der für die Auszeiten hinter der Bank wartete, und beförderte diesen samt Mikro mit einem gezielten Wurf hinter die Bande auf die leeren Zuschauerränge.
Großes Rätselraten auf der Pressetribüne - was war passiert, weshalb der Ärger des SG-Trainers? Sein Team führte zu diesem Zeitpunkt doch mit 18:17, hatte das Momentum auf seiner Seite. Alles gut aus SG-Sicht sollte man meinen. Doch weit gefehlt. An der Seitenlinie entstand hektische Bewegung. Per handgeschriebenem Zettel wurde zwischen der Bank und den Sky-Kommentatoren kommuniziert. Nach Spielende saß Machulla lange mit den TV-Mitarbeitern zusammen. Auf den Vorfall angesprochen, wollte der SG-Coach nach der Partie nichts sagen.
LautMagdeburger Volksstimme war der SG-Coach »... der Meinung, dass über das Sky-Mikrofon die Magdeburger seine Anweisungen abhören können. Deshalb beförderte er das Sky-Mikrofon auf die leeren Ränge und ließ dann auch kein Mikrofon in den Auszeiten mehr zu.« Weiter hieß es dort: »Sowohl Sky und der SCM wiesen den Vorwurf natürlich zurück«. SCM-Coach Bennet Wiegert wurde mit den Worten zitiert: »Das kam wohl davon, weil ich bei einem Angriff der Flensburger mal laut vor einem Kempa-Trick gewarnt habe. Aber das war ein Ergebnis der Analyse ihrer letzten Spiele.«
Flensburg hat in den Spielen davor allerdings nie einen Kempa gespielt, tut dies grundsätzlich extrem selten und in Auszeiten hat Machulla dies nach unseren Beobachtungen noch nie angesagt.
Für Machulla ist die Sache inzwischen »abgehakt«, wie er am Dienstag bestätigte. Die Handball-Bundesliga (HBL) hat laut Machulla »im Nachgang gegenüber allen Vereinen reagiert« und verdeutlicht, dass das »so nicht zu akzeptieren ist«. Machulla weiter: »Mehr gibt es dazu nicht zu sagen, denn ich denke, dass ist sicherlich bis nach Magdeburg gekommen.«
Auf Nachfrage, ob die HBL auf Magdeburg und die SG in Bezug auf den Vorfall zugekommen sei, sagte er noch: »Die HBL ist grundsätzlich auf alle Vereine zugekommen und hat an den sportlichen Gedanken appelliert. Es ist nicht das, warum wir Fernsehübertragungen machen, das man sich dieser Möglichkeit bedient ist nicht erwünscht und schon gar nicht ist es erwünscht, mit Leuten Kontakt zu haben, die nicht auf dem Spielbericht stehen.«
TV-Bilder vom Hinspiel - die unserer Redaktion vorliegen - legen den Verdacht nahe, dass Wiegert gezielt von der Tribüne informiert wird.
Verboten ist das Nutzen des Sky-Angebots grundsätzlich nicht, wie Oliver Lücke, Pressesprecher der Handball-Bundesliga (HBL), unserer Zeitung einige Tage nach dem Vorfall bestätigte.
Bei der WM im Januar hat Schweden um seinen Teammanager Tobias Karlsson - ehemaliger SG-Kapitän - ganz öffentlich von der Möglichkeit gebrauch gemacht, Infos nach Analyse von TV-Bildern an die Bank weiterzugeben.
Lücke sagte mit Verweis auf den Fairplaygedanken, für den der Handball berühmt ist, aber: »Es ist in den Hallen der Bundesliga allerdings nicht usus«. Die HBL habe mit »beiden Clubs gesprochen« und ganz generell alle Vereine noch einmal zu der »Thematik sensibilisiert«. Weder der Mikrofonwurf noch der vermutete Lauschangriff des SCM würden etwas nach sich ziehen. »Für uns ist der Fall erledigt«, so Lücke, der aber gestand, dass sich die Liga etwas grundlegendes überlegen müsse, sollten sich diese Vorfälle häufen.
Am Mittwoch wird auch deshalb sicherlich ganz genau hingeschaut. Vor allem aber auch aus sportlichen Gründen. Die Liga ist längst auf der Zielgeraden und nur mit einem Sieg würde die SG im Titelrennen am Tabellenführer Kiel dranbleiben. Mit einem Sieg und auch einem Remis (wegen des direkten Vergleichs) hätte Flensburg auch die Champions League-Qualifikation rechnerisch perfekt gemacht. Zudem würde die Heimserie an unbesiegten Liga-Spielen auf 54 anwachsen.
»Wir haben noch ein großes Ziel vor Augen und werden alles dafür tun, dieses Spiel für uns zu gestalten«, so Machulla. Der Coach muss zwar auf Jacob Heinl, Benjamin Buric, Franz Semper und Lasse Møller (alle verletzt) verzichten und kann Gøran Søgard sowie Alexander Petersson nur bedingt einsetzen. Aber immerhin sind 125 Fans für das Spiel zugelassen (wir berichteten).
Im Hinspiel kam Flensburg auch mit diversen Ausfällen (Simon Hald fiel beim Aufwärmen mit Herzrhythmusstörungen aus und Jim Gottfridsson sah eine frühe Rote Karte) gut zurecht. Gegen eine Wiederholung hätte Machulla mit seinem Team sicherlich nichts einzuwenden, auf weiteren Streit kann er hingegen verzichten.







