Tamás Mocsai: Bürgermeister, Geschäftsführer und TV-Experte
Vor der Europameisterschaft in seinem Heimatland Ungarn haben wir mit Tamás Mocsai, dem ehemaligen Spieler der SG Flensburg-Handewitt, über das bevorstehende Turnier gesprochen. Es ging dabei um Belastung, Druck, Erwartungen, Vorfreude und einen Zwiespalt.
Flensburg. Von 2010 bis 2012 spielte Tamás Mocsai zwei Jahre lang für die SG Flensburg-Handewitt und gewann mit den Norddeutschen den Europapokal der Pokalsieger. Insgesamt spielte er fast zehn Jahre in der Bundesliga, u.a. noch für Lemgo, Hannover-Burgdorf und Kronau-Östringen. Heute ist der 190-fache unagrische Nationalspieler als Geschäftsführer einer nationalen Handball-Akademie in seinem Heimatland tätig. In dem Internat »Neka« direkt am Balaton werden Talente zwischen 14 und 21 Jahren aus dem ganen Land zusammengezogen und ausgebildet. Mit Erfolg. Die eigene Herren-Mannschaft belegt aktuell Platz 6 in Ungarns bester Liga und auch ein Frauen-Team schafft es zuletzt in die Eliteklasse. Mocsai freut sich auch stets, wenn Teams aus dem Ausland für ein Trainingslager vorbeischauen. »Gerne Mannschaften aus Deutschland«, sagt der Mann, der zudem seit Jahren politisch aktiv ist. Er ist Bürgermeister der Gemeinde Felsőmocsolád. »Meine Mutter ist dort geboren und ich möchte etwas zurückgeben«, erklärt er sein Engagement. Mocsai pendelt, lebt auch in Budapest, wo er die kommenden Wochen hauptsächlich verbringen wird. Für das ungarische Fernsehen ist er während der EM als Experte im Einsatz - für uns ebenfalls.
Flensborg Avis: Herr Mocsai, wenige Tage vor Beginn der EM in der Slowakei und Ungarn - wie ist die Stimmung in ihrem Heimatland?
Tamás Mocsai: Es ist eine Mischung aus großen Erwartungen und Vorfreude. In Budapest und Szeged wurden neue Hallen gebaut, dazu ist Ungarn ein handballverrücktes Land. In Covid-19-Zeiten gibt es aber auch eine gewisse Anspannung. Auch in Ungarn steigen die Zahlen (die Inzidenz lag am Dienstag bei 366,7/Red.) und die Omikron-Welle wird uns treffen. Dennoch gehe ich davon aus, dass die Spiele, zumindest von unserer Mannschaft, ausverkauft sein werden. Stand heute sind Zuschauer zugelassen, allerdings nur mit Impfnachweis, und es herrscht Maskenpflicht. Wie sich das Ganze entwickelt, ist für mich aber schwer zu sagen. Insgesamt herrscht Freude auf das Turnier, wobei es auch einen Zwiespalt gibt, weil niemand weiß, mit welchen Spielern die Teams am Ende anreisen. Wer kann spielen, sind die Besten dabei? Die Organisation belastet das schon sehr.
Sie haben von Erwartungen gesprochen. Vom ungarischen Team wird sicherlich sportlich viel erwartet?
Offiziell ist das Ziel Platz 1 bis 6, doch die Top 4 wäre schon schön. Es hängt natürlich viel davon ab, welche Teams wie von Corona betroffen sind. Zudem spielt die ungarische Mannschaft erstmals ein Heim-Turnier und man muss abwarten, wie die Spieler mit dem Druck umgehen. Ich denke aber, dass die Fans sie eher pushen werden.
In der Vorrunde geht es gegen Portugal, Island und die Niederlande, keine einfache Gruppe?
Nein, Portugal und Island sind stark und die Niederländer entwickeln sich stetig weiter. Aber das Weiterkommen ist Pflicht für uns.
Und danach? Gegen wen gilt es zu bestehen, wer sind die Medaillenkandidaten?
Wie immer die üblichen Verdächtigen: Frankreich, Norwegen, Dänemark und auch Spanien. Bei Deutschland wird sich zeigen, wie die Verjüngung des Teams funktioniert.
Welchen Wunsch haben Sie für die EM, worauf freuen Sie sich persönlich am meisten?
Eine Heim-EM ist etwas Besonderes. Als Spieler habe ich das leider nie erlebt. Jetzt freue ich mich auf die Atmosphäre und darauf, dass unsere Mannschaft hoffentlich begeistert.
Ruwen Möller
rm@fla.de
FAKTEN
Tamás Mocsai:
Geboren am: 9. Dezember in Budapest
Spielerposition: Rückraum rechts
Karriere: u.a. TBV Lemgo, GWD Minden (Jugend), Nettelstedt, Duderstadt, Dunaferr (Ungarn), Suhr, Winterthur (Schweiz), SG Kronau, TBV Lemgo, SG Flensburg-Handewitt (2010-12), TSV Hannover-Burgdorf, Veszprém
Erfolge: 2010 EHF-Pokalsieger mit Lemgo, 2012 Europapokalsieger der Pokalsieger mit der SG, 2014 Meister und Pokalsieger mit Veszprém
Nationalmannschaft Ungarn: 190 Spiele/439 Tore; 2 x 4ter bei Olympischen Spielen (2004 Athen, 2012 London)
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