Abschiede von Talenten, Legenden und Aushilfen
Die SG Flensburg-Handewitt konnte trotz der Enttäuschung nach der verpassten Meisterschaft den scheidenden Spielern einen gebührenden Rahmen bieten.

Foto: Lars Salomonsen
Flensburg. Am Ende einer Saison stehen bei Sportteams die Zeichen auch immer auf Abschied. Das galt auch für die Handballer der SG Flensburg-Handewitt, die Henning Fritz, Magnus Jøndal, Torbjørn Bergerud, Alexander Petersson, Jacob Heinl und Magnus Holpert verabschieden mussten.
Da mit der Enttäuschung in den Knochen eine anerkennende Rede sich eher schwierig gestaltet, hat der Verein und die Mannschaft vorgesorgt. So gab es ein Video für jeden Spieler mit persönlichen Worten, die für Heiterkeit, aber auch Wehmut gesorgt haben. Außerdem bekamen die Spieler entweder von SG-Geschäftsführer Dierk Schmäschke oder Beiratsvorsitzenden Boy Meesenburg noch warme Worte mit auf ihren weiteren Weg. Am schönsten dürfte für die Spieler jedoch die Wertschätzung der Fans in der Flens-Arena gewesen sein, die jeden mit viel Applaus bedacht haben.
Henning Fritz war von Flensburg und der Mannschaft beeindruckt. - Foto: Lars Salomonsen
Titel Prophezeit
Oldie Henning Fritz, als Absicherung für Torbjørn Bergerud nach der Verletzung von Benjamin Buric zur SG gestoßen, sah sich einer Premiere gegenüber. »Dass ich ich Flensburg von den Fans nochmal so geifert werde, damit habe ich nicht gerechnet«, so Fritz, der aber in seiner acht Spiele währenden SG-Zeit noch wesentlich mehr aus Flensburg mitnimmt.
»Ich wurde warmherzig empfangen und habe mich sofort heimisch gefühlt. Was diese Jungs geleistet haben, hat mich sehr beeindruckt. Heute ist sicher ein harter Tag, aber diese Mannschaft wird noch Titel holen«, so der 46-Jährige voller Überzeugung.
Alexander Petersson bleibt auch mit 40 Jahren noch in der Bundesliga. - Foto: Lars Salomonsen
Aushilfe
Er kam nach der Weltmeisterschaft im Januar, weil Franz Semper sich das Kreuzband gerissen hatte. Routinier Alexander Petersson sollte Magnus Rød in der Spieleflut entlasten. Bei der SG klappte es aber nicht wie gewünscht mit der Aushilfe, denn der 40-Jährige hatte selbst mit etlichen Verletzungen zu kämpfen.
»Rückblickend muss man sagen, dass er dem Team und Magnus Rød nicht so geholfen hat wie erhofft. Das weiß man aber vorher nie«, so SG-Trainer Maik Machulla.
Dennoch hat man bei der SG Flensburg-Handewitt an der Person Alexander Petersson nichts auszusetzen. Der Isländer hat sich wie erwartet als vorbildlicher Profi gezeigt und wie schwer ihm der Abschied aus Flensburg nach einer halben Spielzeit fällt, war auch an seiner brüchigen Stimme zu hören.
»Es war eine große Ehre für mich hier zu spielen. Das ist eine grandiose Mannschaft. Ich habe jede Minute genossen und alles gegeben«, so Alexander Petersson, der seine Bundesligakarriere mindestens noch ein Jahr fortsetzt und in der kommenden Spielzeit bei der MT Melsungen spielen wird.
Die Rolle am Mikrofon war noch gewöhnungsbedürftig. Auf dem Feld steht Magnus Holpert einer großen Karriere aber nichts im Wege. - Foto: Lars Salomonsen
Zum Flügge werden nach Minden
Für den Youngster Magnus Holpert geht es bei GWD Minden weiter, die einen Spieltag vor Saisonende auch den Klassenerhalt im Oberhaus sichern konnten. »Ich bin froh, dass Minden drin geblieben ist«, so Holpert, der sich bei der SG für ein tolles Jahr und bei seinen Trainern für die gute Ausbildung bedankt hat.
Ursprünglich sollte der Youngster nur im Training dazu stoßen, wurde aber durch die Personalsituation schnell zu einem festen und wichtigen Bestandteil der Flensburger Bundesligamannschaft. Die nächsten Sporen gilt es also nun in Minden zu verdienen und geht es nach Dierk Schmäschke, dann wird man Holpert auch in Flensburg wiedersehen.
Magnus Jøndal (r.) wirkt immer unterkühlt, aber sympathisch. Die Abschiedsworte ließen aber auch den Norweger nicht kalt. - Foto: Lars Salomonsen.
Leise zu großer Leistung
Ein Lautsprecher ist Magnus Jøndal ganz sicher noch nie gewesen. Auch nicht in seinen drei Jahren bei der SG Flensburg-Handewitt. Der Norweger macht aber trotzdem auf sich aufmerksam - und zwar sportlich.
»Ich habe drei schöne Jahre in Flensburg gehabt und wir haben uns sehr wohl gefühlt«, so Jøndal.
In dieser Spielzeit allerdings stand der 33-Jährige in Flensburg klar im Schatten seines Teamkollegen Hampus Wanne, der über Monate auf einem unfassbaren Niveau spielte. Jøndal gehört trotzdem zu den Lieblingen eines jeden Trainers. Wenn er gebraucht wird, dann liefert er ab und ist immer zuverlässig. Das war bei den 13 Spielen und 27 Toren in der Champions League so, wie auch in allen Bundesligaspielen der Saison, auch wenn es viel Zeit auf der Bank war.
Am Ende der Saison und hoffentlich der Teilnahme an den Olympischen Spielen ist nämlich Schluss, auch wenn es überraschend wirkt, da Jøndal körperlich keine Beschwerden hat und von Verletzungen verschont geblieben ist. Doch die Heimat und mehr Zeit für die Familie sind Parameter geworden, die mehr ziehen als der Handball.
»Für den Siebenmeter gegen den BHC werde ich ihm ein Leben lang dankbar sein«, so Machulla, der den Norweger im Meisterschaftskampf 2019 in der letzten Partie wenige Minuten vor dem Ende gegen den Bergischen HC für einen Strafwurf brachte, der den Weg zum Sieg und Titel ebnen sollte.
Magnus Jøndal blieb aber auch bei seinem letzten Spiel in der Flens-Arena gewohnt bescheiden, unterstrich jedoch deutlich was die Zeit bei der SG für ihn bedeutet hat. »Das war der Traum in meiner Karriere«, so der Linksaußen.
🙏🏼 DANKE, TORBJØRN! #SGPower 💙❤️#OhneGrenzen pic.twitter.com/8TOWzqLUGB
— SG Fle-Ha (@SGFleHa) June 27, 2021
Der Status als Nummer eins fehlte
Am 1. Juli 2018 trat Torbjørn Bergerud seinen Dienst bei der SG Flensburg-Handewitt an. Der Keeper kam von TTH Holstebro aus Dänemark und hatte zuvor für Drammen HK und Lugi gespielt. In Flensburg sollte der eher ruhige Norweger große Fußstapfen ausfüllen. Der 26-Jährige kam allerdings als Vize-Weltmeister und hatte mit TTH den dänischen Pokal gewonnenn und somit auch in jungen Jahren schon seine Erfahrungen auf höchstem Niveau gesammelt.
Es sollte sich allerdings zeigen, dass Bergerud am besten funktioniert, wenn er den klaren Status als Nummer eins innehat. In einem Gespann mit Benjamin Buric und bei einem Top-Verein wie der SG allerdings keine Selbstverständlichkeit. Dennoch konnte er auch seinen Teil zum Meistertitel 2019 beitragen. Leistung zeigte er auch gerade im Endspurt der laufenden Saison ohne den verletzten Buric an seiner Seite.
Eindruck hat der Norweger in Flensburg so oder so hinterlassen. Mit seiner Aussage »ihr seid die besten Fans der Welt« in seiner Abschiedsrede traf Bergerud in jedem Fall bei den SG-Anhängern den ganz richtigen Ton, vor seiner nächsten Station bei GOG.
Jacob Heinl schaute gebannt der Videobotschaft seiner Teamkollegen zum Abschied zu. - Foto: Lars Salomonsen
Eine Legende geht zum zweiten Mal
Für einen Legendenstatus braucht man verschiedene Dinge. Vereinszugehörigkeit, Leidenschaft und Opferbereitschaft in guten, aber vor allem schlechten Phasen, gehören ganz sicher dazu. Insbesondere auf einen Spieler der SG Flensburg-Handewitt treffen alle diese Punkte ohne Abzüge zu.
Kreisläufer Jacob Heinl kann auf 26 Jahre Vereinszugehörigkeit zurückblicken, auch wenn es bereits einmal einen Abschied des Hall-of-Famers der SG gegeben hat. In dieser Zeit hat der 34-Jährige 420 Spiele bestritten und 526 Tore erzielt. Damit hat er die Frotzelei von einer anderen SG-Legende, Lars Christiansen, Lügen gestraft, der behauptete, dass Heinl mehr Spiele als Tore für die Flensburger machen würde.
In der laufenden Spielzeit, und seiner vorerst letzten Saison für die SG, kamen für den Kreisläufer viel weniger Spiele dazu als erhofft. Verletzungen haben Heinl einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Welch herausragenden Wert er für die SG hatte, ob auf dem Spielfeld oder außerhalb, verdeutlichen die Worte des früheren SG-Kapitäns Tobias Karlsson. Für den hoch angesehenen Schweden verkörpert Heinl wie kein anderer die Kultur und Werte der SG Flensburg-Handewitt. Für Karlsson war es eine Ehre, mit Heinl zusammengespielt zu haben. Worte mit Gewicht, die den Wert Heinls in Flensburg beschreiben.
Der mit viel lobenden Worten zum zweiten Mal verabschiedete Kreisläufer versuchte seine Abschiedsworte mit Humor rüberzubringen, musste aber doch mit seinen Emotionen kämpfen. Sicher wa sich Heinl dabei aber »dass es keine dritte Abschiedsrede von mir geben wird«. Die Zusicherung, dass er nach seiner Verletzung auch nach dem Sommer noch bei der SG mittrainieren darf hat er aber von Trainer Maik Machulla. Schlägt das Verletzungspech bei der SG nochmal so zu, wie in der abgelaufenen Saison, dann dürfte eine dritte Abschiedsrede doch näher rücken, als es Heinl glaubhaft machen will.
🔥Ein letztes Mal einlaufen!
— SG Fle-Ha (@SGFleHa) June 27, 2021
Die Spieler, die uns diese Saison verlassen bekommen nun ihren gebührenden Abschied! ❤️💙
Den Live- Stream findet Ihr hier👇https://t.co/p2ZEnqgE2C#SGPower💙❤️#OhneGrenzen pic.twitter.com/Jqu1mtkHNM
Timo Fleth
tif@fla.de
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