Wenn es den Willen gibt - hier ist der Weg

Die Idee ist nicht neu, aber wir greifen sie neu auf. Was wäre, wenn ... man die Handball-Turniere von den Olympischen Sommerspielen zu den Winterspielen verlegt und gleichzeitig einen neuen Rhythmus für die Welt- und Europameisterschaften findet? Ein Denkanstoß, um den internationalen Handballkalender und damit die vieldiskutierte Belastung der Spielerinnen und Spieler ernsthaft zu redzuieren.

Johannes Golla hat mit Deutschland drei Großturniere in 13 Monaten gespielt. Test- und Qualifikationsspiele sowie Partien mit dem Verein dazugerechnet, kommt er leicht auf 70 Pflichtspiele im Jahr.
Johannes Golla hat mit Deutschland drei Großturniere in 13 Monaten gespielt. Test- und Qualifikationsspiele sowie Partien mit dem Verein dazugerechnet, kommt er leicht auf 70 Pflichtspiele im Jahr. Foto: Swen Pförtner, dpa
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lørdag d. 29. januar 2022 kl. 0.29

Hvis det virkelig er ønsket - så er det her løsningen

Ideen er ikke ny, tværtimod. For ti år siden bragte selveste Hassan Moustafa, formand for det internationale håndboldforbund, IHF, den i spil: Håndboldstævnerne ved de Olympiske Lege skal flyttes fra sommer- til vinterlegene. Og kronprins Frederik, medlem i det Internationale Olympiske Komité, sagde to år senere, at det er en god ide.

Det samme mener avisens udsendte og bringer her en konkret mulighed på banen for, hvordan belastningen i international håndbold - som i årtier er diskuteret uden løsning - for alvor kan lempes. Flyt OL, drop EM i OL-året og bryd rytmen af EM- og VM-slutrunder. Vi har under EM spurgt spillere, trænere og de ansvarlige forbund. Mange synes, det er en god ide, men lige så mange tror ikke på, at den i realiteten bliver udført.

Budapest. Hassan Moustafa, Präsident des Weltverbandes (IHF), hat schon vor zehn Jahren davon gesprochen. In den Kommentar-Spalten der »FAZ« wurde seine Idee seinerzeit nur belächelt. Zu unrecht, wie wir finden. Wir halten es mit dem obersten Handballfunktionär und dem dänischen Kronprinzen Frederik (seit 2009 Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees, IOC), der 2014 das Thema wieder ins Spiel brachte: die Handball-Turniere bei Olympischen Spielen von den Sommerspielen zu den Winterspielen zu verlegen. Unser Ansatz: Dadurch ließe sich das grundlegende Problem des internationalen Handball-Kalenders, welches seit Jahrzehnten existiert und ohne Fortschritt diskutiert wird, ernsthaft angehen. 

Es geht aber nur, wenn gleichzeitig der Rhythmus von EM und WM aufgeweicht wird. Wir sind nicht blauäugig und wissen auch, dass so schnell keine der beteiligten Seiten nachgeben wird - am Ende geht es wie immer um Geld. Aber: Wir greifen die Thematik neu auf und liefern einen konkreten Lösungsansatz - denn daran fehlt es meistens - gleich mit. Wir zeigen Vorteile auf und haben uns in der Szene umgehört. Wir sind uns durchaus bewusst, dass wir sehr wahrscheinlich nicht alle Aspekte im Detail bedacht haben. Aber ein Denkanstoß soll es sein.

Die Geld-Frage

Die Frage nach dem wirtschaftlichen Faktor stellen wir dabei bewusst hinten an, denn mit dem Argument wird meist jeder Gedanken bereits im Ansatz erschlagen. 

Wenn es wirklich irgendwo einen Willen gibt - hier ist ein Weg, vielleicht sogar der Weg.

Wir setzen an im Jahr 2028 bei den Olympischen Sommerspielen: Die finden ohne Handball statt. Stattdessen wird das Handball-Turnier fortan immer bei den Winterspielen laufen, erstmals im Jahr 2030. Und bitte bedenken: Wir sprechen hier sowohl von den Turnieren der Frauen als auch der Herren.

Warum 2028? 

Weil bis dahin alle internationalen Großereignisse verteilt sind (siehe Infografik). Um im Jahr 2028 nicht wieder zwei Großereignisse (EM und Olympia) zu haben, also der Wechsel des Handballs zu den Winterspielen.

Und wie geht es danach weiter?

2029 findet ganz normal eine WM statt, 2030 dann Handball bei den Winterspielen und keine EM. Die wird ins Jahr 2031 gelegt - hier also der nächste Bruch im bisherigen Rhythmus. 2032 wieder WM, 2033 EM und 2034 Olympische Winterspiele. Danach geht es diesmal mit einer WM (2035) weiter, 2036 EM, 2037 WM und 2038 Winterspiele usw. 

Es wird also im Jahr nach den Winterspielen immer im Wechel eine EM oder WM geben. 

So lassen sich von 2028 bis 2038 insgesamt drei Turniere einsparen. Statt 14 gäbe es »nur« noch 11 Großereignisse in diesem Zeitraum. WM und EM würden auf sechs Jahre gesehen nur noch zwei statt bisher drei Mal stattfinden.


 Der neue Spielkalender. 

Grafik: Eyla Boysen

Welche Vorteil hätte das?

Viele. Die Belastung der Spieler sinkt, die Leistung steigt. Handball wird so wieder attraktiver, am Ende auch für Zuschauer, Sponsoren und das Fernsehen. Denn selbst die EHF (Europäische Handballföderation) hat einst erkannt, dass sich mit einer EM im Winter mehr Fernsehgeld erzielen lässt als mit einem Sommerturnier. Womöglich lässt sich am Ende sogar mehr Geld für die gesamte Handball-Familie verdienen - ach, die Finanzen wollten wir ja raus lassen.

Was noch?

Es gäbe weniger Qualifikationsspiele bzw. die würden sich über einen längeren Zeitraum verteilen. Im Olympia-Jahr wäre der Sommer - die einzige ernsthafte Erholungszeit der Handballer und Handballerinnen - frei. Und noch ein ganz großer Vorteil: Durch weniger Turniere werden weniger Gastgeber benötigt bzw. auch auf einen längeren Zeitraum verteilt. Und die haben auch schon lange ein Problem. Kaum noch eine Nation bekommt ein Turnier alleine gewuppt. Vor allem nicht, wenn die Teilnehmerzahl so hoch bleibt wie aktuell (was auch nicht sinnvoll ist, doch das ist eine andere Geschichte). Es finden Turniere in zwei oder gar drei Ländern statt, die auch noch geographisch weit auseinander liegen. Auch das möchte kein Handball-Fan. 

Zugegeben. Afrika-, Asien- und amerikanische Meisterschaften haben wir hier nicht berücksichtigt. Aber die Belastung ist vor allem ein europäisches Handball-Problem und deshalb lassen wir es an dieser Stelle so stehen.

Auch uns ist klar, dass die Darstellung extrem vereinfacht ist. Es gibt noch viel mehr Fragen, auch viele, von denen wir gar nicht wissen, aber nochmal: Wenn es wirklich einen Willen gibt - hier ist zumindest mal ein Weg. Ob es tatsächlich der Weg ist, darf und sollte nun diskutiert werden.


IHF-Präsident Hassan Moustafa hatte die Idee, Handball bei den Olympischen Winterspielen zu platzieren, bereits vor zehn Jahren. Eines seiner Argumente: So hätte Beach-Handball bessere Chancen bei den Sommerspielen. - Foto: Sören Stache, dpa

Die Reaktionen aus der Handball-Szene:

Während der Europameisterschaft in der Slowakei und Ungarn haben wir uns bei Beteiligten der internationalen Handball-Szene umgehört, was sie davon halten, den internationalen Spielkalender umzustrukturieren, indem man Handball bei den Olympischen Spielen vom Sommer in den Winter verlegt und dazu EM und WM-Rhythmus verändert.

Johannes Golla, Kapitän Deutschland: Unmittelbar wäre es keine Veränderung, wenn Handball statt bei den Sommer- bei den Winterspielen dabei ist. Wenn dadurch natürlich ein anderes Turnier gestrichen wird schon, aber wer möchte auf welches Turnier verzichten. Es ist aber eine Diskussion, die geführt werden muss. Ich bin ein Spieler, der gerne alle Turniere spielen will, und ich genieße jeden Auftritt mit der Nationalmannschaft, aber drei Turniere in 13 Monaten waren extrem. Auf der anderen Seite sind wir darauf angewiesen, dass Handball stattfindet und wir viele Spiele auf Topniveau zeigen.  

Jim Gottfridsson, Kapitän Schweden: Es ist keine doofe Idee, aber ich glaube nicht, dass sie umgesetzt wird. Keiner will auf sein Turnier verzichten und deshalb müssen wir Handballer einfach damit leben, dass wir derart viele Turniere spielen. So war es immer und so wird es auch immer sein. 

Lasse Svan, Vize-Kapitän Dänemark: Es würde Luft geben, wenn ein anderes Turnier dadurch wegfallen würde. Doch das Problem ist, dass niemand auf sein Turnier verzichten möchte. Zudem wäre es immer ein EM-Turnier. Man müsste den Kalender also noch grundlegender verändern. Ich sehe einen Sinn in der Idee, glaube aber, es ist ein hoffnungsloses Unterfangen. Zudem bin ich Fan von Traditionen und die Tradition sagt, dass Handball zu den Sommerspielen gehört. Unsere Turniere sind zwar im Winter, aber wir spielen Handball im ganzen Jahr und gehen nicht erst in die Halle, wenn draußen Schnee liegt. Deshalb finde ich auch, dass Handball weiter zu den Sommerspielen gehört.

Glenn Solberg, Trainer Schweden: Darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Im Fußball und auch im Handball wirken große wirtschaftliche Kräfte und für uns Handballer ist es wichtig, die Dinge so zu nehmen wie sie sind. Wir müssen uns so gut auf die vielen Turniere vorbereiten, dass wir diese Belastungen aushalten können. Wenn man in den besten Ligen der Welt spielen will und dazu in der Nationalmannschaft, ist es nun mal körperlich anstrengend.

Maik Machulla, Trainer SG Flensburg-Handewitt: Wenn das olympische Handballturnier verlegt werden würde, hätte das den Vorteil, dass es ein Jahr mehr mit einer richtigen Sommerpause gäbe, und das würde den Spielern extrem helfen. Dass Problem ist jedoch, dass es eine Seite gäbe, die nicht davon profitiert und am Ende geht es immer ums Wirtschaftliche. Die Spieler wären sicherlich dafür, denn es muss auch mal die Wertigkeit der vielen Turniere diskutiert werden. Der aktuelle Rhythmus ist Wahnsinn und die Idee ist etwas, worüber man nachdenken sollte.  

Nikolaj Jacobsen, Trainer Dänemark: Klingt wie eine gute Idee, die Frage ist, ob man es mit dem Spielkalender auf Vereinsebene hinbekommt. Es ist allerdings so, dass wir EM und WM nicht nur alle vier Jahre spielen sollten, dass ist zu wenig für den Handball, aber in dem Jahr wo es Olympische Spiele gibt, wäre ein Aussetzen einer weiteren Endrunde eine gute Idee.

Die EHF teilte im Namen von Präsident Michael Wiederer mit: Das Thema der Spielerbelastung im Handballsport muss man aus mehreren Perspektiven betrachten. So lässt sich ungeachtet der Aufmerksamkeit, die das Thema erfährt, feststellen, dass sich bei Europameisterschaften der Altersdurchschnitt der teilnehmenden Spieler im Vergleich zu Turnieren vor 10 oder 12 Jahren um fast zwei Jahre erhöht hat. 

Von der Wettbewerbsseite beleuchtet die EHF das Thema regelmäßig. Es ist logisch, dass wenn ein Wettbewerb gestrichen wird, dies Einfluss auf bestehende bzw. zukünftige Verträge hat. Der Handball ist ein Ökosystem, und die EHF in ihrer Finanzabwicklung mit den Clubs und Verbänden sehr transparent. Rückflüsse an die Clubs und Verbände und dementsprechend auch Spielergehälter würden von einem anderen Austragungsrhythmus beeinflusst werden.

Rein technisch gesehen ist jede Verlegung machbar. Allerdings hat sich bei den Europameisterschaften gezeigt, die in den 1990er Jahren noch im Sommer stattfanden, dass der aktuelle Rhythmus die Fernsehzahlen extrem verbessert, und eine Austragung im Januar bzw. Dezember die maximale Aufmerksamkeit garantiert.

Andreas Michelmann, DHB-Präsident gegenüber dem »Sportbuzzer«: Wir sind ohnehin eine Herbst- und Wintersportart, dazu drängt Beachhandball auch ins olympische Sommer-Programm. Das wird sportpolitisch nicht so einfach durchzusetzen sein.

Die IHF (Internationaler Handballföderation) ließ trotz mehrmaliger Anfrage eine versprochene Antwort aus.