Sportliches Wiedersehen vertagt

Wenn GWD Minden am Mittwoch die SG Flensburg-Handewitt empfängt, muss Magnus Holpert verletzt zuschauen.

Magnus Holpert spielt inzwischen für GWD Minden, ist aktuell aber verletzt.
Magnus Holpert spielt inzwischen für GWD Minden, ist aktuell aber verletzt. Foto: GWD Minden
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tirsdag d. 7. september 2021 kl. 21.01

Minden. Seinen Start beim Handball-Bundesligisten GWD Minden hat sich Magnus Holpert ganz anders vorgestellt. Vor allem aufgrund der mangelnden Spielanteile im hochkarätig besetzten Kader der SG Flensburg-Handewitt war der 19-Jährige im April von seinem Heimatclub zu den Ostwestfalen gewechselt. Als Ende Juli bekannt wurde, dass die SG am heutigen Mittwoch (19.05 Uhr/live Sky) zum Auftakt der Bundesliga-Saison 2021/22 auf seine neue Mannschaft trifft, schien alles noch voll nach Plan zu laufen. Für Holpert zeichnete sich ein Debüt der ganz besonderen Art ab. Doch eine hartnäckige Verletzung hat ihn ausgebremst. Statt gegen die ehemaligen Teamkollegen seine erste Partie im GWD-Trikot mit der Nummer 24 zu absolvieren, bleibt ihm nur die Zuschauerrolle.

Holpert selbst kommentiert das eher nüchtern: »Es ist schon bitter, lässt sich aber nicht ändern.« Probleme bereitet ihm ein Belastungsschmerz im Sprunggelenk des linken Fußes. Die medizinische Abteilung der Mindener geht von einem »Bone Bruise«, einer Knochenprellung, aus. »Von außen ist nichts zu sehen, es gibt keine Schwellung«, sagt Holpert. Eine MRT-Untersuchung soll nun Klarheit bringen. Ursache ist wohl ein doppelter Bänderriss, den Holpert sich bereits im Juni beim 38:28-Sieg der SG in Nordhorn am drittletzten Spieltag der Vorsaison zugezogen hatte. Die Sommerpause nutzte Holpert, um den Fuß zu schonen. So verzichtete er auch auf die Teilnahme an der U19-EM im August in Kroatien, wo sich die deutsche Auswahl mit seinem neuen Teamkollegen Florian Kranzmann den Titel holte.

Die selbst verordnete Auszeit schien sich auszuzahlen. Als Ende Juli in Minden die Vorbereitung begann, war Holpert dabei. »Knapp zwei Wochen lang konnte ich voll mitmachen«, berichtet er. Doch plötzlich war der Schmerz wieder da, seitdem kann er nur individuell trainieren. In dieser ohnehin schwierigen Phase musste Holpert auch noch den Verlust seines geliebten Großvaters verkraften. Am 9. August verstarb Peter Holpert, einer der SG-Gründungsväter. »Da kam natürlich einiges zusammen, es war keine einfache Zeit«, gesteht Magnus Holpert, der zur Beerdigung seines Opas nach Flensburg fuhr.

In Minden stehen für den Nachwuchssportler viel Krafttraining und Radfahren auf dem Programm. Seit Ende August ist auch Wurftraining aus dem Stand wieder möglich. An Lauftraining hingegen ist noch nicht zu denken. Im Fokus der medizinischen Rehabilitation stehen Mobilitätsübungen für das betroffene Sprunggelenk. Aktuell wünscht sich Holpert vor allem eine konkrete Diagnose sowie einen Zeitplan für die Rückkehr ins Mannschaftstraining. »Ich bin gespannt, was bei der MRT-Untersuchung herauskommt«, betont er. 

Als Mitglied des GWD-»Anschlusskaders«, der aus sechs Talenten besteht, hat Holpert in Minden beste Möglichkeiten, sich in Ruhe wieder für Bundesliga-Einsätze in Form zu bringen. »Im Prinzip hat jeder von ihnen schon das Zeug, in der Bundesliga zu spielen«, sagt Frank von Behren, Mindens Sportlicher Leiter. »Wir möchten die Jungs aber behutsam aufbauen und ihnen situativ die Chance geben, sich im Oberhaus zu beweisen.« Für die zweite Mannschaft, die am Samstag mit einer 28:31-Niederlage bei der Ahlener SG in die neue Saison der 3. Liga (Staffel B) gestartet ist, sollen sie »wichtige Leistungsträger sein und dort das Gerüst des Teams bilden«. Holpert, der in Minden bis zum 30. Juni 2023 unter Vertrag steht, sieht das positiv: »Als Führungsspieler in der Zweiten einen eigenen Spielstil weiterentwickeln zu können, ist für mich als Mittelmann ganz wichtig.«

Bei den Profis hat Holpert auf der mittleren Rückraumposition starke Konkurrenz. Der vom Ligakonkurrenten aus Leipzig verpflichtete Niclas Pieczkowski (31 Jahre) gewann 2016 mit dem deutschen Team die Europameisterschaft in Polen. Mohamed Amine Darmoul (23) gehörte indes bei der diesjährigen WM in Ägypten mit 40 Treffern für Tunesien zu den besten Torschützen des Turniers. Wie Holpert sind auch Pieczkowski und Darmoul neu im GWD-Team. Eine Hackordnung unter den Spielmachern hat Holpert noch nicht ausgemacht. »Wer wann und wieviel zum Einsatz kommt, hängt immer von vielen Faktoren ab«, erklärt er und ergänzt: »Ich freue mich, dass ich hier wie bei der SG starke Mitspieler habe, von denen ich lernen kann.«

In der vergangenen Saison zog noch Juri Knorr die Fäden im GWD-Spiel. Der 21 Jahre alte deutsche Nationalspieler, der nun für die Rhein-Neckar Löwen aufläuft, wurde wie Holpert in Flensburg geboren. Ihre Väter, Thomas Knorr und Jan Holpert, spielten drei Jahre lang (1998 bis 2001) gemeinsam für die SG. In den vergangenen Wochen hatten die beiden Ex-Nationalspieler wieder verstärkt miteinander zu tun, weil Magnus in Minden die Wohnung von Juri übernommen hat. »Bei der Wohnungsbesichtigung habe ich Juri kennengelernt, wir stehen jetzt über WhatsApp in Kontakt«, berichtet Magnus Holpert. In seinem neuen Zuhause fühlt er sich wohl. »Die stadtnahe Lage ist überragend. Von hier ist man mit dem Fahrrad in fünf Minuten bei der Kampa-Halle und in einer Minute beim Kraftraum.«

Holpert junior hat sich bewusst dazu entschieden, nach dem Auszug aus dem Elternhaus zunächst einmal ganz alleine zu wohnen. »Für meine Persönlichkeitsentwicklung ist es sicherlich förderlich, dass ich mich jetzt selbstständig um alles kümmern muss«, sagt er. Parallel zur Handballkarriere hat der Teenager mit dem Lockenkopf im August begonnen, Immobilien-Management an einer Fernuniversität zu studieren. »Es handelt sich um einen Bachelor-Studiengang, der auf sechs Jahre gestreckt ist, so dass ich mein Tempo den Begebenheiten anpassen kann«, erklärt er. Bislang macht es ihm viel Spaß.

In kulinarischer Hinsicht vermisst Holpert hin und wieder die Abwechslung der heimischen Küche. »Bei mir steht schon relativ häufig Pasta oder Reis auf dem Speiseplan«, berichtet das 1,93 Meter große Kraftpaket schmunzelnd. Zudem vermisst er das Meer und den Hafen. »Minden hat auch viele schöne Ecken, aber ich bin halt in Flensburg aufgewachsen«, sagt er fast schon entschuldigend.

Dass Holpert irgendwann, am liebsten als gestandener Bundesligaprofi, zur SG zurückkehren möchte, bei der er 2005 im Alter von drei Jahren das Handballspielen begann und danach alle Nachwuchsmannschaften durchlief, ist kein Geheimnis. Bei GWD-Trainer Frank Carstens hofft er nun, auf dem Weg dorthin an der richtigen Adresse zu sein. Nicht zuletzt bei Knorr hat der 49-Jährige bewiesen, dass er Talente weiterentwickeln kann. »Er hat mich mit seinem Konzept überzeugt«, sagt Holpert.

Eine weitere wichtige Bezugsperson in Holperts neuem Umfeld ist Frank von Behren. Auch Mindens Sportlicher Leiter spielte einst gemeinsam mit Holpert senior zusammen - in der Nationalmannschaft sowie in Jan Holperts Abschiedssaison 2006/07 bei der SG. »Wir haben ein sehr gutes Verhältnis«, sagt Holpert junior. Insgesamt sei er in Minden bestens aufgenommen worden, »das ist hier alles sehr homogen«. Unterhaltsame Geschichten über seinen Vater bekommt er vor allem von den GWD-Routiniers Carsten Lichtlein und Christian Zeitz (beide 40) zu hören. Beide liefen einst gemeinsam mit Holpert senior im Nationaldress auf. »Da erfahre ich Dinge über meinen Vater, die ich sonst wohl nie erfahren hätte«, berichtet Magnus und lacht dabei. Details gibt er jedoch keine preis: »Besser nicht.«

Von Behren traut Holpert junior »eine gute Entwicklung« zu. Er ist sich sicher, dass beide Seiten von dem Transfer profitieren werden. Dafür muss der talentierte Nachwuchsspieler allerdings zunächst einmal gesund werden. Wenn er das heutige Spiel von der Tribüne aus verfolgt, wird es für ihn eine ungewohnte Situation sein: Erstmals überhaupt tritt er gegen seine SG an. »Ich habe viel darüber nachgedacht, wie es wohl sein könnte«, verrät Holpert. Aber als Spieler von GWD Minden werde er natürlich voll hinter seiner Mannschaft stehen. Sein »SG-Herz« will er »für 60 Minuten ausschalten«.